Warum ist Boden gerade in Tirol ein Thema?

Im Vergleich zum Durchschnittswert der Republik Österreich ist im Bundesland Tirol ein deutlich geringerer Anteil der Landesfläche für die menschliche Besiedelung verfügbar  (sogenannter Dauersiedlungsraum). In Österreich sind im Durchschnitt 37% der Fläche potentiell besiedelbar (Umweltbundesamt 2016), in Tirol sind es hingegen nur ca. 11% (Land Tirol 2018). In Verbindung mit dem Bevölkerungswachstum im 20. Jahrhundert sowie Wirtschaftswachstum ergibt sich somit in Tirol ein besonders starker Nutzungsdruck auf die besiedelbare Fläche (und damit die Böden). Besonders betroffen sind Flächen, die der Landwirtschaft dienen und/oder naturnahe Flächen. Dies wiederum hat einen Einfluss auf den landwirtschaftlichen Selbstversorgungsgrad Tirols, also das Maß, in dem die Tiroler Bevölkerung den eigenen Bedarf an Nahrungsmitteln decken kann, sowie auf das menschliche Wohlbefinden, da naturnahe Flächen in Umgebung menschlicher Siedlungen für das Wohlbefinden wesentlich sind.

Von einer nicht-humanzentrierten Perspektive aus bedeutet ein erhöhter menschlicher Nutzungsdruck auf die Böden natürlich auch Druck auf den Lebensraum anderer Lebewesen und – bei intensiver Nutzung – Biodiversitätsverlust.

Daten der menschlichen Bautätigkeit in Tirol, über die letzten Jahrzehnte hinweg, sind teilweise schwierig zu vergleichen, daher wird als Indikator für den oben beschriebenen Nutzungsdruck auf Flächen/Böden im Dauersiedlungsraum, bzw. die Versiegelung von Böden, die Veränderung der landwirtschaftlich genutzten Flächen herangezogen (siehe Tabelle Landnutzung Tirol).

Tabelle Landnutzung Tirol

Tabelle Landnutzung Tirol
© Land Tirol, Abteilung Statistik (2018)

Wie in der Tabelle Landnutzung Tirol ersichtlich hat die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Tirol seit 1973 um 517 km2  abgenommen, was einem Rückgang um ca. 32% entspricht. Noch greifbarer wird diese Abnahme beim Vergleich eines historischen und eines aktuellen Fotos einer Tiroler Gemeinde (siehe Abbildung Gemeinde Natters).

Abbildung Gemeinde Natters

Abbildung Gemeinde Natters: Bild A aufgenommen ca. im Jahr 1956, Bild B 2018; Blickrichtung NW

Verkehrsflächen als separate Kategorie sind in der Landesstatistik erst seit 1991 erfasst. Das in der Tabelle Landnutzung Tirol veranschaulichte Wachstum der Verkehrsflächen kann als weiterer Indikator für den Nutzungsdruck bzw. die Bedrohung der Böden betrachtet werden. Stellvertretend für den Ausbau der Verkehrswege ist in der folgenden Abbildung die zum Zeitpunkt der Aufnahme noch im Bau befindliche Europabrücke zu sehen, ein neuralgischer Punkt im transalpinen und intereuropäischen Verkehr. Verkehr in und durch Tirol hat, analog zum weltweiten Trend, in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen.

Europabrücke im Bau

Europabrücke im Bau
© Hugo Ascher

 

 

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